Von Tokio aus erreichten wir auf Umwegen Kawaguchiko, das Tor der Mount Fuji Region und Startpunkt für Touren auf denselbigen. Den nahenden Taifun Jebi mussten wir aber noch aussitzen, bevor wir uns aufmachen konnten Japans höchsten Berg zu erklimmen. Zuvor verbrachten wir noch einen Tag in Japans wohl zweifelhaftester Sehenswürdigkeit, dem Aokigahara Suicide Forest.
Die Anreise nach Kawaguchiko, der Ortschaft am Fuße des Mount Fujis gestaltete sich bereits holprig, da Steffi am ersten Zwischenstop in Otsuki beim Umsteigen feststellte, dass sie ihren gerade wieder aktivierten und nun notwendigen JR-Pass nicht mehr hatte…
Auf Nachfrage beim dortigen Stationsleiter stellte sich heraus, dass sie den Pass nicht im Zug hatte liegen gelassen, sondern in der Shinjuku Station verloren hatte. Ein netter Japaner hatte diesen aufgehoben und abgegeben. Mal wieder so ein Moment der die Menschen in Japan einzigartig macht. Es reden zwar nur wenige ,aus Scham über ihr schlechtes Englisch mit einem, aber es geht nichts verloren oder wird geklaut. In jedem anderen Land wäre das Ding wohl weg und wir um nochmals 500 Euro ärmer gewesen.
Also ging es für mich, mit einer Vollmacht auf japanisch, nochmal zurück nach Tokio, um den Pass zu holen. Steffi vertrieb sich die Zeit mit Kaffeetrinken.
Drei Stunden später und um einen JR-Pass wieder reicher, konnte also unser Trip nach Kawaguchiko weitergehen und so erreichten wir unser Hostel am frühen Abend. Wir kauften noch kurz etwas zu essen im Supermarkt und mussten beim abendlichen Gespräch mit Mitreisenden erfahren, dass der Fuji für Wanderungen, aufgrund des nahenden Taifuns Jebi gesperrt worden war. So hieß es also warten und wir beschlossen nach ausführlicher Studie der Wettervorhersage unseren Aufenthalt um einen Tag zu verlängern um wenigstens eine realistische Option auf diese Bergtour zu haben.
Den folgenden Tag des Sturmes verbrachten wir also in unserer Unterkunft. Wir entspannten uns, lasen ein wenig und arbeiteten die Tage in Dubai und Jordanien auf. Aufgrund der Vielzahl von Unternehmungen in Tokio waren wir dort zu nichts gekommen.
Am späten Nachmittag machten wir uns gezwungenermaßen auf zum nahegelegenen Supermarkt, um uns etwas zum essen zu kaufen. Diese vielleicht hundert Meter führten dazu, dass wir trotz Regenjacken quasi frisch geduscht am Supermarkt ankamen. Der Wind peitschte uns den Regen waagerecht in Gesicht und die Böen erschwerten das Vorwärtskommen doch erheblich. Der Rückweg gestaltete sich dank Rückenwind auch nur ein wenig angenehmer. Wir hatten aber nur die Randausläufer des Sturmes abbekommen, da der Landkontakt des Sturmzentrums in Osaka erfolgte. Zum Glück mussten wir das nicht live miterleben.
Am nächsten Tag waren im Tal keinerlei Anzeichen des vorbeigezogenen Sturmes mehr zu spüren. Einzig der Wanderweg auf den Berg war noch geschlossen und es gab, aufgrund umgefallender Bäume keinen Busverkehr zur 5th Station, dem Startpunkt der Wanderung. So entschlossen wir uns eine Radtour um zwei der fünf Seen in der Kawaguchiko Region zu unternehmen. Die Radl hatten zwar schon bessere Zeiten gesehen, aber für die Tour taten sie es schon. Dachten wir am Anfang zumindest.
So fuhren wir ausgehend von unserer Unterkunft über die nahegelegene Brücke über den Lake Kawaguchiko und fanden einige tolle Aussichtspunkte auf den knapp 3.800m hohen Vulkan. Wir radelten am See entlang, vorbei an entwurzelten Bäumen und Arbeitern, die gerade dabei waren die Sturmschäden des Vortages zu beseitigen.
Nach etwa einer halben Stunde erreichten wir einen japanischen Garten mit einem Cafe und gönnten uns erst einmal eine Verschnaufpause. Das Wetter war mittlerweile richtig schön und so genossen wir den sonnigen Tag, indem wir durch den Garten schlenderten, bevor wir uns wieder aufmachten und nach einer weiteren halben Stunde die Abzweigung zum Lake Saiko erreichten. Da unsere Fahrräder doch nicht so gut waren, wie anfangs erhofft, erfolgte der kleine Anstieg zum höhergelegenen Lake Saiko nach dem Motto: Wer sein Radl liebt, der schiebt.
Oben angekommen erwartete uns ein vom Wind noch gepeitschter See und wir konnten bei einer kurzen Pause einen Windsurfer beobachten, der mit atemberaubender Geschwindigkeit den See überquerte. Wir fuhren weiter entlang des Sees bis wir den Eingang des zugehörigen Nationalparks erreichten. Hier beginnt auch der Aokigahara Forest ein wilder, wirtschaftlich aufgrund der Topographie nicht nutzbarer Wald, der wegen der vielen Selbstmorde japanweit eine eher zweifelhafte Berühmtheit erlangte. Wir radelten weiter durch den eigentlich sehr schönen und naturbelassenen Wald bis wir zu einer vulkanischen Höhle kamen und hier für ein paar Yen eine kleine Höhlentour (Fledermäuse inklusive) unternahmen.
Aufgrund der zuvor zurückgelegten Höhenmeter hatten wir nun auf unserem Rückweg nach Kawaguchiko leichtes Spiel, da der restliche Weg über fast zehn Kilometer ausschließlich bergab ging.
Als wir wieder in der Unterkunft ankamen, erfuhren wir dann auch noch die erfreuliche Nachricht, dass der Fuji am nächste Tag wohl wieder begehbar wäre. Und so gingen wir erwartungsvoll nach einem deftigen Abendessen ins Bett.
Am nächsten Morgen ging’s dann (zum Glück) etwas früher los als geplant, da Steffi zwar den Wecker so gestellt hatte, dass wir den zweiten Bus erwischen, sie aber von unseren Zimmergenossen aus dem Schlaf geholt wurde und völlig panisch dafür sorgte, dass wir um kurz nach sechs das Hostel verließen.
Wir standen also an der Bushaltestelle und stellten besorgt fest, dass der erste Bus nicht kam. Unsere Unruhe wuchs, wie auch die Schlange an Menschen die auf den Bus warteten und als der Bus dann endlich kam, hatten wir sogar noch Plätze im ersten Bus ergattert und fuhren etwa eine Dreiviertelstunde bis wir den Ausgangspunkt der Tour die sog. Fifth Station auf 2.350m erreichten (Details siehe Bericht Tour Fuji).
Hier waren die Nachwirkungen des Taifuns noch deutlich mehr zu spüren und so liefen wir dick eingepackt bei knappen 10°C und recht frischem Wind dem eigentlichen Aufstiegspunkt entgegen.
Nach etwa einer halben Stunde Weg erreichten wir die 6th Station und somit den Beginn des eigentlichen Aufstieges. Von da aus schlängelte sich der Weg in Serpentinen immer weiter nach oben. Die Tour ist im Allgemeinen nicht wirklich anspruchsvoll und führt meist über Schotterwege mit recht konstanter Steigung nach oben. Auch zeitweise vorhandene felsigere Passagen sind mit etwas Trittsicherheit relativ einfach zu meistern.
So liefen wir über die folgenden 7th und 8th Station immer weiter dem Gipfel entgegen. Einzig die vielen und in ihrer Vielzahl nicht ganz so bergfesten Japaner machten die Sache teilweise etwas anstrengender. Zum einen sind Vielen die grundlegenden Prinzipien des Alpinismus fremd, zum anderen verstehen sie häufig auch nicht mit ihrem Equipment umzugehen und beginnen mitten auf dem Weg wild mit Trekkingstöcken und den mitgebrachten Sauerstoffflachen herumzuhantieren. Ein Grund mehr sich Zeit zu nehmen und die Aussicht zu genießen.
Besser wurde dies auch nicht nach dem Passieren der 8th Station und dem finalen Anstieg zum Gipfel. Ausgepumpte Japaner überall am Weg und jeder Zweite breit eingespreizt mit seinen Stöcken beim Versuch einen Schluck Sauerstoff aus der Flasche zu bekommen.
So zogen sich die letzten 150 Höhenmeter nochmals, bevor wir gegen Mittag den Gipfel des Fujis auf 3.778m erreichten.
Nach einer kurzen Pause bei einem warmen Tee machten wir uns aber auch wieder recht schnell an den Abstieg, da hier immer noch starke Böen herrschten und Steffi doch etwas Schwierigkeiten hatte die Richtung zu halten.
Der Abstieg führte uns in gefühlt unendlich vielen Serpentinen über ausschließlich Geröll hinab, bis wir am späten Nachmittag wieder die 5th Station erreichten und erschöpft mit dem Bus nach Kawaguchiko zurückfuhren.
Alles in allem waren wir mit der Tour jedoch sehr zufrieden, da der Ausblick über vieles entlang des Weges entschädigte. Als wir in unserer Unterkunft ankamen, genossen wir noch ein ausgiebiges Abendessen, da die zurückgelegten 28 Kilometer und 1500 Höhenmeter durchaus schlauchend gewesen waren.
Am nächsten Morgen machten wir uns auf zu unserem nächsten Ziel Kyoto. Nach einer vierstündigen Zugfahrt, über die wir, aufgrund der Strapazen am Vortag auch nicht traurig waren, erreichten wir die letzte japanische Großstadt mit einem historischen Zentrum und ungefähr 1.000 Tempeln am späten Nachmittag.